Ein Hauch von Abenteuer weht über das tiefblaue Wasser des Atlantiks, wenn man sich El Hierro nähert. Als westlichste und kleinste der bewohnten Kanarischen Inseln empfängt sie ihre Besucher mit einer Atmosphäre der Ruhe und Abgeschiedenheit. Fernab des Massentourismus der größeren Nachbarinseln offenbart sich hier eine Welt, in der die Natur das Zepter schwingt und Nachhaltigkeit großgeschrieben wird. Die Anreise nach El Hierro fühlt sich an wie das Eintauchen in eine andere Zeit, in der die Uhren etwas langsamer ticken und die Verbindung zur Umwelt noch spürbar ist.
Schon beim ersten Erkunden der Insel wird deutlich, was El Hierro so besonders macht. Die unberührte Natur präsentiert sich in einer beeindruckenden Vielfalt, von üppigen Wäldern bis hin zu kargen Vulkanlandschaften. Gleichzeitig beeindruckt das Engagement der Inselbewohner für erneuerbare Energien, mit dem Ziel, eine hundertprozentige Selbstversorgung zu erreichen. Und nicht zuletzt birgt die faszinierende Geschichte der Insel, die einst als Nullmeridian galt, einen ganz besonderen Reiz.
Die „Meridianinsel“: Mehr als nur ein geografischer Punkt
El Hierro, auch bekannt als „Isla del Meridiano“ oder Meridianinsel, ist die südlichste und westlichste der Kanarischen Inseln. Sie liegt im Atlantischen Ozean, vor der Küste Afrikas. Mit einer Fläche von lediglich 268,51 Quadratkilometern ist sie die kleinste der sieben Hauptinseln des Archipels und beherbergt etwa 11.659 Einwohner (Stand 2023). Ihre Lage am westlichen Rand Europas trug maßgeblich zu ihrer historischen Bedeutung bei. Bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. zog der Geograph Ptolemäus eine Linie durch das westlichste bekannte Land und definierte so einen ersten Nullmeridian. Im Jahr 1634 legte Frankreich offiziell den Ferro-Meridian, der durch El Hierro verläuft, als Referenz für Karten fest. Diese historische Bedeutung als Nullmeridian prägte die Insel über Jahrhunderte.
Heute ist El Hierro nicht nur ein geografischer Punkt von historischer Bedeutung, sondern auch ein Vorbild in Sachen Naturschutz und nachhaltige Entwicklung. Im Jahr 2000 wurde die gesamte Insel von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt, gefolgt von der Auszeichnung als Geopark im Jahr 2014. Diese Anerkennungen unterstreichen das Engagement der Insel, ihre einzigartige natürliche und kulturelle Vielfalt zu bewahren. Ein besonders bemerkenswertes Merkmal ist das ambitionierte Ziel der Insel, sich zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Dank des innovativen Gorona del Viento Projekts, einem kombinierten Wind- und Wasserkraftwerk, hat El Hierro bereits beeindruckende Erfolge in der Nutzung eigener Ressourcen erzielt und dient als globales Vorbild für andere isolierte Gebiete. Die abgeschiedene Lage der Insel hat im Laufe der Geschichte ihre Entwicklung beeinflusst und dazu beigetragen, ihren ursprünglichen Charakter und Charme zu bewahren.
Unberührte Natur und beeindruckende Landschaften: Ein Paradies für Entdecker
Die Natur El Hierros präsentiert sich als ein faszinierendes Mosaik verschiedenster Vegetationszonen. Im Herzen der Insel erstrecken sich üppige Lorbeerwälder, ein lebendiges Relikt aus dem Tertiär, das einen tiefen Einblick in die prähistorische Pflanzenwelt gewährt. Hier findet man eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine dichte Vegetation, die an ferne Regenwälder erinnert. Weiter oben dominieren ausgedehnte Kiefernwälder, insbesondere in der Region El Pinar, die die Hänge in ein sanftes Grün tauchen. Im Westen der Insel erwartet Besucher ein wahrhaft einzigartiges Naturschauspiel: der El Sabinar. Dieser Wald besteht aus knorrigen, vom Wind geformten Wacholderbäumen, deren bizarre Formen sie zu einem Wahrzeichen der Insel gemacht haben.
Die ständigen Passatwinde haben diese Bäume über Jahrhunderte hinweg in skulpturale Meisterwerke verwandelt. Entlang der Küsten findet man eine karge Vegetation mit an das trockene Klima angepassten Sukkulenten. Die Vielfalt der Vegetationszonen spiegelt die unterschiedlichen mikroklimatischen Bedingungen und die vulkanische Geschichte der Insel wider. Die vulkanischen Ursprünge El Hierros sind allgegenwärtig und haben eine beeindruckende Landschaft geformt. Über 500 Vulkankegel prägen das Bild der Insel, und zahlreiche Höhlen, darunter das weitläufige Höhlensystem der Cueva de Don Justo, laden zur Erkundung ein. Spektakuläre Lavalandschaften und bizarre Gesteinsformationen zeugen von der einstigen vulkanischen Aktivität.
Ein besonders imposantes geologisches Wunder ist der Talkessel von El Golfo an der Nordküste. Er entstand vor etwa 15.000 Jahren durch einen gewaltigen Erdrutsch, bei dem die nördliche Flanke der Insel ins Meer stürzte und eine beeindruckende, halbkreisförmige Bucht formte. Um die einzigartige Natur zu schützen, sind 60% der Insel als Schutzgebiete ausgewiesen. Diese Gebiete sind Heimat einer bemerkenswerten Biodiversität, darunter über 100 endemische Arten, wie die majestätische El Hierro Rieseneidechse, die nur hier vorkommt. Auch das Meer rund um El Hierro ist ein Schutzgebiet. Das Mar de las Calmas an der Südküste ist ein Paradies für Taucher und beherbergt eine reiche Vielfalt an Meereslebewesen.
Highlights und Aktivitäten: Was Sie auf El Hierro erleben können
El Hierro bietet eine Vielzahl an Attraktionen und Aktivitäten für Naturliebhaber und Ruhesuchende. Am westlichsten Punkt der Insel thront der Leuchtturm von Orchilla. Dieser historische Leuchtturm markierte einst das Ende der bekannten Welt und diente als Standort des Ferro-Meridians. Seine abgelegene Lage bietet einen atemberaubenden Panoramablick auf den Atlantik und ist ein idealer Ort, um spektakuläre Sonnenuntergänge zu genießen und den klaren Sternenhimmel zu beobachten.
Ein weiteres unvergessliches Erlebnis ist der Besuch des El Sabinar. Der einzigartige Wald der windgeformten Wacholderbäume ist nicht nur ein beeindruckendes Naturschauspiel, sondern auch ein wichtiges Symbol der Insel, das sogar im Wappen vertreten ist. Die Kraft der Natur, die diese Bäume in bizarre Formen gezwungen hat, ist hier auf eindrucksvolle Weise erlebbar.
Für eine erfrischende Abkühlung sorgen die natürlichen Schwimmbecken der Insel. Der Charco Azul in La Frontera ist ein besonders spektakuläres Beispiel. Dieser von Lava geformte Pool mit seinem kristallklaren, türkisfarbenen Wasser lädt zum Baden und Entspannen ein. Auch der Pozo de las Calcosas in El Mocanal bietet mit seinen zwei beeindruckenden Naturpools ein einzigartiges Badeerlebnis. Der Name „Calcosas“ verweist auf die besonderen Felsformationen in dieser Gegend, die schon seit Generationen von den Einheimischen genutzt werden. Weitere reizvolle natürliche Schwimmbecken sind La Maceta, Charco Manso und Tacorón.
Wanderfreunde kommen auf El Hierro voll auf ihre Kosten. Über 270 Kilometer alte Wanderwege durchziehen die abwechslungsreichen Landschaften der Insel .
Hier sind einige beliebte Routen:
Wanderweg | Schwierigkeitsgrad | Länge (ca.) | Geschätzte Dauer | Wichtigste Merkmale/Highlights |
---|---|---|---|---|
Jinama-Pfad | Schwer | 8 km | 3-4 Stunden | Spektakuläre Panoramablicke über das El Golfo Tal |
La Llanía | Leicht bis Mittel | 4-7 km | 2-4 Stunden | Märchenhafter Wald mit Heidekraut, Farnen und Blumen, vulkanischer Krater |
Route von El Sabinar | Leicht | 10 km | 3 Stunden | Windgeformte Wacholderbäume, Kapelle Ermita de Los Reyes, Aussichtspunkt Mirador de Bascos |
Wasserpfad (San Andrés) | Leicht bis Mittel | 16 km | 4 Stunden | Historische Wasserleitungen, heiliger Baum Árbol Garoé, Lorbeerwald |
Kultur und Traditionen: Das Herz der Insel entdecken
Die Kultur El Hierros ist tief verwurzelt in der Geschichte und den Traditionen der Inselbewohner. Ein Höhepunkt des kulturellen Lebens ist die Bajada de la Virgen de los Reyes. Dieses bedeutendste Fest der Insel findet alle vier Jahre am ersten Samstag im Juli statt. Dabei wird die Schutzpatronin der Insel, die Jungfrau der Könige, in einer feierlichen Prozession von ihrer Wallfahrtskirche in La Dehesa über eine Strecke von etwa 28 Kilometern in die Hauptstadt Valverde getragen. Das Ereignis wird von traditionellen Tänzen, Musik und farbenprächtigen Trachten begleitet und zieht fast die gesamte Inselbevölkerung an.
Die Geschichte der Ureinwohner El Hierros, der Bimbaches, reicht bis ins Jahr 120 n. Chr. zurück. Sie kamen vom nahegelegenen afrikanischen Kontinent und entwickelten beeindruckende Methoden, um auf der wasserarmen Insel zu überleben. Eine ihrer bemerkenswertesten Errungenschaften war der Árbol Garoé, ein heiliger Baum, der auf natürliche Weise Wasser aus dem Nebel sammelte. Die Bimbaches hinterließen auch zahlreiche Petroglyphen, die im Kulturpark El Julán besichtigt werden können und Einblicke in ihre Kultur und Lebensweise geben. Auch das lokale Handwerk spielt auf El Hierro eine wichtige Rolle. Besonders in den Orten El Pinar und Sabinosa wird traditionelle Handwerkskunst gepflegt, bei der Werkzeuge, Musikinstrumente und Kleidung aus natürlichen Materialien wie Holz und Ton gefertigt werden.
Praktische Reiseinformationen für El Hierro
Die Anreise nach El Hierro kann entweder mit der Fähre oder mit dem Flugzeug erfolgen. Die einzige direkte Fährverbindung besteht von Los Cristianos auf Teneriffa nach Valverde und dauert etwa 2,5 Stunden. Die Fähre bietet den Vorteil, dass man problemlos ein Fahrzeug mit auf die Insel nehmen kann. Der Flughafen El Hierro (VDE) in der Nähe von Valverde bietet Flugverbindungen nach Teneriffa und Gran Canaria. Direktflüge vom spanischen Festland gibt es nicht.
Die Auswahl an Unterkünften auf El Hierro ist vielfältig und bietet für jeden Geschmack etwas. Das Parador de El Hierro in Las Playas ist ein komfortables Hotel mit herrlichem Meerblick. Eine besondere Empfehlung ist das Hotel Puntagrande in Frontera, das als kleinstes Hotel der Welt auf einem Felsen im Meer thront. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fincas, Apartments und Pensionen in den verschiedenen Orten der Insel wie Valverde, Frontera und El Pinar.
Um die Insel flexibel zu erkunden, empfiehlt es sich, einen Mietwagen zu nehmen, insbesondere um abgelegenere Gebiete zu erreichen. Es gibt jedoch auch öffentliche Busse (Guaguas), die die wichtigsten Orte miteinander verbinden. Die Fahrpläne sind jedoch möglicherweise nicht so häufig wie auf größeren Inseln. Taxis stehen ebenfalls zur Verfügung. Wichtig zu beachten ist, dass der Túnel de Los Roquillos auf der HI-5 nicht für Fußgänger oder Fahrräder zugelassen ist.
Unterkunft | Ort | Typ | Besonderheiten |
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Parador de El Hierro | Las Playas | Hotel | Meerblick, komfortabel |
Hotel Puntagrande | Frontera | Hotel | Kleinstes Hotel der Welt, einzigartige Lage |
Apartamentos Frontera | Frontera | Apartment | |
Pensión Casa Trudo | Frontera | Pension | |
Lua Hotel Boutique | Taibique | Hotel |
Kulinarische Entdeckungen: Typische Speisen und Getränke
Die Küche El Hierros ist geprägt von frischen, lokalen Zutaten und traditionellen Rezepten. Ein absolutes Muss ist der berühmte Käse der Insel. Er wird hausgemacht aus Ziegen-, Kuh- oder Schafsmilch hergestellt und ist die Grundlage vieler lokaler Spezialitäten wie der herzhaften Käsesuppe Caldo de Queso oder des süßen Käse-Anis-Desserts Quesadilla. Seit 1994 besitzt El Hierro eine eigene Ursprungsbezeichnung für seine Weine (D.O. El Hierro). Die Produktion konzentriert sich hauptsächlich auf vollmundige Weißweine mit Charakter, aber auch Rosés und junge Rotweine werden gekeltert.
Ein weiteres Highlight der herreñischen Küche ist frischer Fisch, der oft gegrillt, gebraten oder als Eintopf zubereitet und traditionell mit Runzelkartoffeln (Papas Arrugadas) und der kanarischen Mojo-Soße serviert wird. Eine Besonderheit der Insel ist die Ananas aus El Hierro, die für ihren saftigen und süßen Geschmack bekannt ist. Darüber hinaus kann man auf El Hierro auch andere typische kanarische Gerichte wie Gofio Escaldado (eine Art Maissuppe), Caldo Millo (Maisbrei) und Sopa de Berros (Brunnenkressesuppe) probieren.
Gericht/Getränk | Beschreibung | Hauptzutaten |
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Queso Herreño | Hausgemachter Käse aus Ziegen-, Kuh- oder Schafsmilch | Milch |
Caldo de Queso | Käsesuppe | Käse, Kartoffeln, Gemüse, Brühe |
Quesadilla Herreña | Käse-Anis-Dessert | Frischer Käse, Eier, Zucker, Mehl, Anis |
Vino D.O. El Hierro | Hauptsächlich vollmundige Weißweine, aber auch Rosés und junge Rotweine | Lokale Trauben |
Papas Arrugadas | Runzelkartoffeln | Kleine Kartoffeln, Salz |
Mojo Rojo/Verde | Kanarische Soße | Paprika/Koriander, Knoblauch, Öl, Essig, Gewürze |
Ananas de El Hierro | Saftige, süße Ananas, die nur auf El Hierro angebaut wird | Ananas |
Geheimtipps und Empfehlungen für Ihren Besuch
Die beste Reisezeit für El Hierro ist das ganze Jahr über, da das Klima mit durchschnittlichen Temperaturen zwischen 19°C und 23°C mild ist . Für einen Badeurlaub in den natürlichen Pools empfiehlt sich die Zeit von Mai bis Oktober, wenn die Temperaturen etwas wärmer sind. Neben den bereits erwähnten Highlights gibt es noch weitere besondere Erlebnisse auf der Insel. Tauch- und Schnorchelbegeisterte sollten unbedingt das Meeresschutzgebiet Mar de las Calmas in La Restinga erkunden, das zu den besten Tauchgebieten Europas zählt. Ein Besuch des Lagartario, des Zuchtzentrums für die El Hierro Rieseneidechse, und des Ecomuseo de Guinea, das Einblicke in die traditionelle Lebensweise auf der Insel bietet, sind ebenfalls lohnenswert. Aufgrund der geringen Lichtverschmutzung ist El Hierro ein idealer Ort für die Sternenbeobachtung.
Auch der Besuch des heiligen Baumes Árbol Garoé, der eine wichtige Rolle in der Geschichte der Insel spielt, ist ein besonderes Erlebnis. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Aussichtspunkte wie der Mirador de la Peña, der Mirador de Jinama und der Mirador de Bascos, die atemberaubende Panoramablicke über die Insel bieten. Bei einem Besuch auf El Hierro sollte man die Bemühungen der Insel um Nachhaltigkeit respektieren. Als UNESCO Biosphärenreservat ist der Schutz der Natur von größter Bedeutung. Es empfiehlt sich, lokale Unternehmen und Produkte zu unterstützen und sich des begrenzten Wasserverbrauchs auf der Insel bewusst zu sein.
Fazit: El Hierro – Ein unvergessliches Reiseziel für Naturliebhaber und Ruhesuchende
El Hierro ist eine Insel der Stille und der unberührten Natur, ein Ort, an dem Nachhaltigkeit gelebt wird und einzigartige Erlebnisse warten. Von den windgeformten Wacholderbäumen über die faszinierenden Vulkanlandschaften bis hin zu den kristallklaren Naturpools bietet diese kleine Kanareninsel eine unvergleichliche Vielfalt. Wer dem Trubel entfliehen und die authentische Schönheit einer Insel entdecken möchte, findet auf El Hierro ein unvergessliches Reiseziel*. Es ist eine Einladung, die Ruhe zu genießen, die Natur zu erkunden und die besondere Atmosphäre dieser westlichen Perle der Kanaren selbst zu erleben.